Vom Faultier zum Bekloppten

Zum Laufen bin ich eigentlich eher durch Zufall 2005 gekommen. Die Arbeit hatte nur gestresst und der Frust darüber musste einfach raus. Also hab ich mir eines Tages Laufequipment zugelegt und bin einfach von der Wohnung aus losgelaufen. Am Anfang eher mit der Kondition eines Faultiers, sodass regelmäßig mein Laufkumpel auf mich warten musste, während ich mit hängender Zunge hinterher lief. Über die Jahre hinweg hat sich die Kondition jedoch aufgebaut und inzwischen ist er es, der hinter mir läuft.

10 km

Wettkampfmäßig angefangen habe ich mit 10 km und mich stetig gesteigert. Irgendwann war der Job gewechselt, der neue Arbeitgeber bot eine Laufgruppe mit einem professionellen Trainer an (Danke Arnd!) und aus 10 km wurde der Halbmarathon.

Der Halbe

Nach etwas mehr als 21 km und vollkommen erschöpft im Ziel, dachte ich mir nur „Mann, und die anderen laufen die gleiche Distanz und Zeit jetzt nochmal weiter! Die müssen vollkommen bekloppt sein“.

Der Volle – Eine Lebensaufgabe

Nachdem ich genug Routine mit dem Halbmarathon hatte und mit den Hannover Runners eine geile Truppe an Sonntagsläufern fand, wurde ich auch einer der Bekloppten Marathonis. Ich dachte mir: Wenigstens einmal im Leben musst Du das Teil rocken. Am Anfang lief es überhaupt nicht gut.

Der Hamburg Marathon 2016 war eigentlich ein geiles Event mit einer tollen Laufstrecke und Atmosphäre. Bei km 29 winkte ich noch total happy in die Kamera meiner Arbeitskollegin, unwesentlich was ich ab km 30 erwarten würde. Und die Qualen kamen. Der Körper spielte plötzlich vollkommen verrückt, Schüttelfrost, Übelkeit das ganze Programm. Ohne Aussicht auf Besserung ging es ausgerechnet an der nächsten Staffel- Wechselzone mit der Bahn zurück zum Start. Total kreidebleich musste man mich mit Pizza füttern, damit sich der Körper wieder erholte. Nach drei Monaten Vorbereitung ging es enttäuscht wieder zurück nach Hause.

Im darauffolgenden Jahr dann die Marathondistanz in Hannover in Angriff genommen. Diesmal mit eigener Verpflegung, die mir beim Training gut bekam und einem speziellen Training nach Puls basierend auf einer professionellen Leistungsdiagnostik (Danke Gerhard!). Und wieder das gleiche Spiel, trotz Begleitung von zwei Schwimmkumpeln und einigen Arbeitskollegen kamen kurz nach km 30 die gleichen Probleme. Aber diesmal war ich schlauer und brach ab, bevor mein Körper in den Notfallmodus geschaltet hat.

2017 dann Versuch Nr. 3. Doch bereits zur Trainingshalbzeit gab es eine Zerrung in der Hüfte. Und da die Zeit nicht mehr reichte, wurde es lediglich ein halber Marathon.

Trotz des Rückschlages im Vorjahr, startete ich 2018 dann erneut den 3. Versuch. Da ich meine Trainingsläufe zumeist auf befestigten Waldwegen statt der asphaltierten Innenstadt absolvierte, habe ich mir diesmal einen Landschaftslauf herausgesucht und bin beim Oberelbe- Marathon angetreten.

Start war unterhalb der schönen Festung Königstein im Elbsandsteingebirge, die ich schon von Kindheitstagen kannte. Entlang der Elbe ging mit Blick auf die Bastei Richtung Pirna. Hier war die Hälfte geschafft. Physisch alles gut und super in der Zeit.

An den Verpflegungsstellen habe ich nur etwas Wasser genutzt und erst relativ spät zusätzlich ein paar Riegel bei der Nahrungsaufnahme hinzugefügt. Der Vorsprung auf die 4 h- Marke ließ es zu, dass ich die Nahrungsaufnahme im Gehen gönnen konnte. Wie sich herausstellte, genau die richtige Taktik für mich. Kaum war Schloss Pilnitz an mir vorbeigezogen, erschienen auch schon die ersten Häuser von Dresden. Trotz mittlerweile 25 Grad Celsius und kaum Schatten, verging dieser fiese km 30 und jeder weitere 30er ohne Probleme. Mit ordentlich Adrenalin und den letzten Körnern ging es dann ins Stadion und überglücklich über die Ziellinie.

Immer weiter…

Während meiner Kindheit fuhr ich fast jeden Sommer mit meinen Eltern in den Urlaub auf dem Darß. Dank der Krombacher- Website erfuhr ich vom Darß- Marathon. Und obwohl ich mir nach dem ersten erfolgreich absolvierten Marathon mein persönliches Laufziel erfüllt hatte, kam bei den Bildern vom Vorjahr wieder dieses Kribbeln auf.

Nach weiteren drei Monaten Training ging es mit dem Auto nach Wieck. Lt. Laufplan standen am Marathon- Vortag lockere 20 min auf dem Programm. OK, irgendwie war ich nach dem Läufchen am Morgen und dem Zieleinlauf der 10 km- Gruppe noch nicht ausgelastet. So startete ich auf eine vermeintlich kurze Wanderung zum Weststrand. Jedoch unterschätze ich doch ein wenig die Distanz und so standen am Ende 8 km auf der Uhr. Sollte ich nach einer so langen Wanderung den Marathon noch schaffen?

Mit einem etwas mulmigen Gefühl ging ich an den Start. Nicht nur in den Dörfern war die Stimmung gut. Auch außerhalb immer wieder Menschen, die einen anfeuerten.

Etwa nach der Hälfte der Strecke ging es rauf an die Steilküste von Ahrenshoop bei perfekten Blick auf die Wellen der Ostsee. Mit diesem Gefühl purzelten die km nur so und erneut hieß es knapp unter 4 h wieder Marathon geschafft.

Fazit:
Auch wenn die größten Ziele unerreichbar scheinen. Mit ordentlich Ausdauer kann man alles schaffen – selbst einen Marathon. Auch wenn mir Landschaftsläufe offensichtlich mehr liegen als ein Lauf in der Stadt.