Etappe 10 – Von Creuzburg nach Tann

Zurück auf dem Werratal- Radweg unterquerten wir heute zunächst die A4 Bad Hersfeld – Görlitz mit seiner beeindruckenden hohen Autobahnbrücke und gelangen nach Hörschel. Hier beginnt der Rennsteig, auf dessen Ende ich in ein paar Tagen erneut treffen sollte. Wir queren die Eisenbahnverbindung zwischen Eisenach und Kassel, welche früher neben der Autobahn ein wichtiger Knotenpunkt für Transitreisen zwischen beiden deutschen Staaten war. Selbst aus dem Nachbarort meiner Heimatstadt konnte man mit dem sogenannten „Interzonenzug“ bis nach Düsseldorf reisen. Also auch die Verwandtschaft in Dortmund erreichen, wenn man ein entsprechendes Visa hatte und die notwendige politische Treue aufzeigen konnte.

Bei Berka verlassen wir kurz das Werratal über einen kleinen Anstieg um in Selbiges bei Heringen (Werra) mit Blick auf den Monte Kali wieder zu fahren. In meinem Reiseführer las ich vom Kali- Museum und geführten LKW- Touren hinauf zum Kaliberg. Leider war gerade am Etappentag beides geschlossen. Und so kürzten wir über einen weiteren Hügel ab bevor wir nach Vacha gelangen. Mit jedem Hügel steigt auch die Kondition von Andi trotz der Hitze und des deutlich höheren Gewichtes seines voll bepackten Trekkingrades. Und bergab hat er, dank größerer Räder sowieso einen Vorteil gegenüber meinen vom Mountainbike.

Historisch bedeutsam ist nicht nur die Steinbogenbrücke der Einheit, welche jahrelang ebenfalls durch die Betonmauer beide deutsche Staaten trennte, sondern auch das an ihr befindliche Haus Hoßfeld. Dessen Besonderheit war, dass es jahrelang direkt auf der Grenze zwischen Preußen (heute Hessen) und Thüringen lag. Aufgrund fehlenden Gebietsaustausches also auch Mitten auf der innerdeutschen Grenze. Um der Zwangsenteignung zu entgehen, zog man mit Hab und Gut und Druckereimaschinen auf die hessische Seite und mauerte die Verbindungstür zu. Mit dem Grundlagenvertrag 1976 wanderte auch der restliche Hausteil schließlich auf die westdeutsche Seite und war fortan für notwendige Reparaturen am Haus wieder zugänglich. Einige Informationstafeln in der Nähe erinnern an das Aussehen der Umgebung während des kalten Krieges.

Mit Philippsthal verlassen wir auch das Werratal und begeben uns auf den Rhön- Radweg und dort zunächst auf den Abschnitt des Ulstertal- Radweges. Dieser entstand aus der ehemaligen Bahntrasse der Ulstertalbahn von Vacha über Tann (Rhön) nach Hilders. Aufgrund der deutschen Teilung wurde diese sukzessive demontiert und asphaltiert.

In Wenigentaft verlassen wir den Rhön- Radweg und kurbeln sukzessive wieder nach oben. Wir sind in der Rhön und das merkt man auch deutlich. Die Berge werden länger und anstrengender. Es geht entlang des Grenz- Wanderweges mit dem Rad und weiteren Informationstafeln. Hier erfährt man, dass man nicht nur auf ostdeutscher Seite die Grenze absicherte und dabei Menschenleben aufs Spiel setzte, sondern auch im westdeutschen Teil. So installierte man auf wichtigen Zufahrtswegen zur Grenze sogenannte Trichtersperren. Harmlos aussehende Straßengullis, welche allerdings im Falle eines Angriffs des Ostblocks explosives Sprengmaterial enthielten und so die Zufahrt unmöglich machten. In sogenannten Froschklappen unweit davon befanden sich die zugehörigen Zünder, von wo aus die Sprengsätze gezündet werden konnten.

Oben angekommen liegt die ehemalige amerikanische Militärbasis Point Alpha, heute ein Grenzmuseum auf westdeutscher Seite. Sie zeigt das Alltagsleben der amerikanischen Grenztruppen und die ständige Provokation von ostdeutscher Seite. Von hier aus hat man aber auch heutzutage einen der schönsten Ausblicke in Richtung Rhön. Und ein Stück der alten Berliner Mauer, welche nicht den „Mauerspechten“ zum Opfer fiel, ist hier ausgestellt.

Anschließend geht es wieder hinab auf den Rhön- Ulstertal- Radweg. Nach ein paar letzten Kilometern erreichen wir mit etwas Verspätung in der Abenddämmerung das wunderschöne Städten Tann (Rhön) und suchen nach der obligatorischen Wäsche für mich und meinen Radklamotten wieder nach etwas Essbarem in der historischen Altstadt mit Fachwerkhäusern.

Etappe auf Alltrails

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