Etappe 6 – Von Helmstedt nach Ilsenburg

Bevor es heute weiter auf dem EV13 geht, stand ein Besuch in der Gedenkstätte Marienborn an. Das hatte ich eigentlich schon länger vor, noch zu Zeiten, als ich zwischen meiner alten sächsischen Heimat und Hannover gependelt bin. Diesmal ergab sich die Möglichkeit.

Doch zuvor ging es noch hinauf auf die Magdeburger Warte, welche ich am Vortag unberührt ließ. An einen so schönen sonnigen Sommertag hat man tatsächlich die Möglichkeit bis in den Harz zu schauen und bei guter Sicht den Brocken zu erblicken. Da sollte also irgendwo mein heutiges Etappenziel liegen.

Nach dem Abstieg vom Turm ging es weiter Richtung Gedenkstätte. Diese selbst liegt im Ortsteil Autobahn. Die Gedenkstätte lässt sich zum einen über den neu geschaffenen Rastplatz betreten, wo sich früher die westdeutsche Grenzkontrollstation befand. Oder über die Seitenstraße, welche ich gefahren bin.

Zunächst kommt man auf ein großes Areal. Und irgendwie erinnerte es mich ein wenig an die Fahrten nach Tschechien in meiner Kindheit. Ähnliche Gebäude, die Pässe wanderten zu einem Fach in das Grenzhaus hinein und kamen beim Kollegen nebenan wieder beim anderen Fach heraus. Betritt man eines der Häuser sieht man allerdings erst einmal, was für ein Kontrollapparat dahinter steckte. Hier werden auch die verschiedenen Abhör- und Kommunikationseinrichtungen ausgestellt, mit welcher die Grenzer früher kommunizierten bzw. auch zu Hause abgehört wurden, um deren Loyalität sicherzustellen. Jede Menge Lichter, Spiegel an allen Seiten, Kontrollbrücken und eine Gammastrahlenkammer stellten sicher, dass keiner flüchten konnte. Versuchte es dennoch jemand, dann waren so viele Sicherungseinrichtungen und Grenzposten vorhanden, dass spätestens an der Rollschranke die Flucht ein Ende hatte. Aber es zeigte sich auch, dass selbst mit den besten Grenzanlagen einigen immer noch die Flucht gelang.

Es muss auch sehr demütigend für die Ein- und Durchreisenden aus dem Westteil der Republik gewesen sein, so sehr gefilzt zu werden, Ware an der Grenze weggenommen zu bekommen. In der Wechselstube nebenan, war ein Zwangsumtausch der DM in die DDR- Mark erforderlich. Selbst Tiere oder Verstorbene mussten Kontrollen über sich ergehen lassen.

Für die Gefangennahme von Flüchtlingen, Entdeckung von „Schmuggelware“ oder einer Diplomarbeit zur weiteren Festigung der Grenzübergänge gab es Beförderungen und Belohnungen.

Neben der Grenzübergangsstelle und einigen Fakten zum Mauerbau, wird aber auch die in der Nähe befindliche Bahnhof Marienborn näher betrachtet. Heutzutage ein eher unscheinbarer Bahnhof, wenn man zwischen Madgeburg und Braunschweig unterwegs ist. Damals ein riesiger Überwachungsplatz. Und wer auffiel, dessen Zug landete auf einem speziellen Abstellgleis der DDR- Grenzpolizei.

Des Weiteren zeigt das Museum auch Wissenswertes über den nahegelegenen Braunkohle- Tagebau, durch welchen die Grenze verlief. Eine der wenigen Stellen, welche Ost und West gemeinsam nutzen durften.

Nach knapp drei Stunden interessanter, sehenswerter Geschichte musste es unbedingt weitergehen, um das Etappenziel des Tages noch zu schaffen. Und so ging es hinab nach Marienborn, dem Ort, dem der ehemalige Grenzübergang seinen Namen verlieh. Nach Querung der Eisenbahnstrecke Hannover – Magdeburg, die ich bisher nur auf Reisen in die Heimat kannte, ging es wieder aus dem Dorf heraus entlang wunderschöner Kirschbaumalleen. Obwohl ich bereits hinter meinem selbst gesetzten Zeitplan lag, der Magen grummelte zur Mittagszeit und die Kirschen sahen so lecker dunkelrot aus, dass ich einfach dem süßlichen Geschmack nicht widerstehen konnte und mir eine Mittagsmahlzeit von den Bäumen genehmigte.

Nur wenige Kilometer weiter die nächste Rast an der Grenzanlage Hötensleben. Man sollte meinen, dass nach einer so langen Strecke, jede ehemalige Grenzanlage gleich aussieht. Dem ist nicht so und immer wieder gibt es neue Dinge zu entdecken und erfassen. Hier zeigte sich auch, wie nicht nur Straßen- sondern auch Bahnverbindungen unterbrochen wurden.

Kurz danach geht es vorbei am Tagebau Schöningen. Während bisher die einzelnen Mäander der Elbe eine große psychische Herausforderung darstellten, so sind es jetzt die endlos langen, asphaltierten Geraden mit Gegenwind, welche sich im niedersächsischen Teil immer wieder auftun. Ich kannte dies bereits von der Region in und um Hannover. Dieser Wegetyp scheint so wohl über das ganze Bundesland zu erstrecken. Denn man konnte auf der gesamten Tour immer genau feststellen, wann man sich in Niedersachsen bzw. im Ostteil befand.

Nichts desto trotz durchquert man auch ab und an schöne Städtchen wie Hornburg. Das man sich immer noch im Grenzgebiet befindet, spürt man, da der Ort sich zwar sehr herausgeputzt hat. Jedoch seine Unberührtheit der Fachwerkhäuser bisher nicht verlor. Hier treffe ich auch das erste Mal auf die Ilse. Jener Fluss, auf welchen ich an meinem heutigen Etappenziel wieder treffen sollte. Die ersten Anstiege des Harzvorlandes türmen sich in der heißen Sommersonne auf, bevor es über die Autobahn zwischen Göttingen und Leipzig hinab in das kühle waldreiche Eckertal geht. Vorbei am Gelände den ehemaligen Kuranstalt Jungborn, welche ich vor einigen Wochen auf dem Harzer Grenzweg bereits zu Fuß besuchte, kam ich schließlich in Ilsenburg an und ließ den Tag nach einer Dusche bei Pizza und einem kühlen Bier ausklingen.

Etappe auf Alltrails

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